Fußball | Bundesliga Tränen, Trauer, Trennung - über den Abstieg von Arminia Bielefeld

Stand: 14.05.2022 22:00 Uhr

Zum achten Mal Bundesliga-Absteiger: Arminia Bielefeld muss runter in die zweite Liga. Über die Abschiedstränen eines Torhüters, eine Offensive, die selten trifft, und Serien, die niemand möchte.

Arminia Bielefeld war gerade zum achten Mal aus der Bundesliga abgestiegen, als der Torhüter Stefan Ortega vor die Fernsehkameras trat. Da stand er nun, vor ihm die Kamera und hinter ihm Bielefelds Fans. "Mir fehlen die Worte", sagte Ortega, dann waren da Tränen. Viele Meter von ihm entfernt, im Fanblock der Arminia, riefen sie seinen Namen. Sie sangen: "Ortega auf den Zaun, Ortega auf den Zaun."

Natürlich ging Ortega zu den Fans, es war auch ein Abschied. Es gab Zeiten, in denen ist Ortega, 29, gemeinsam mit der Arminia gewachsen, zwölf Jahre war er in Bielefeld. Ortega war mal ein Talent mit tollen Anlagen, nun ist er einer der besten Torhüter der Bundesliga. Er ist Arminia Bielefeld entwachsen.

An Ortega und seine Tränen wird man sich erinnern. An seine Paraden und Pässe, Ortega war Bielefelds Bester. An ihm lag es nicht, dass der Klub nach zwei Jahren zurückmuss in die 2. Liga. Nur, woran lag es eigentlich?

Eine Spurensuche, die von Offensivproblemen erzählt, und von Serien, die niemand möchte.

34 Spiele, 27 Tore - noch Fragen?

Es gab im Spiel gegen RB Leipzig einen Moment, der irgendwie sinnbildlich steht für ein Problem, das die Arminia in dieser Saison nie losgeworden ist. Gerade hatte Janni Serra Bielefeld in Führung gebracht, als Masaya Okugawa im Strafraum an den Ball kam, aber zu hastig abschloss. Okugawa, 26, hat in dieser Saison acht Tore erzielt, er ist Bielefelds erfolgreichster Schütze. Das neunte wäre ein ganz wichtiges gewesen - nur fiel es nicht.

Man hat das oft beobachten können: Wie Bielefeld zwar diszipliniert verteidigte, aber mit dem Ball Probleme hatte. Oft fehlten Ideen, manchmal das Glück und eigentlich immer ein Torjäger. Und dann die Standardsituationen. Nach Freistößen oder Ecken war die Mannschaft derart ungefährlich, dass man sich mitunter fragte, ob sie das in Bielefeld überhaupt trainieren.

Es gibt eine simple Statistik, sie erzählt von Spielen und Toren. Und sie erzählt einiges über Arminia Bielefeld in der Saison 2021/22. Für Bielefeld steht da eine 34, es sind die Spiele, und eine 27, das sind die Tore. Es ist eine Bilanz, mit der man absteigt.

Elf Spiele ohne Sieg - von Platz 14 runter auf 17

Rund um den Jahreswechsel hatte die Arminia die beste Phase ihrer Saison, Trainer war damals noch Frank Kramer. Zwischen Mitte Dezember und Anfang Februar bestritt Bielefeld sechs Ligaspiele - und verlor keins (3 Siege, 3 Unentschieden).

Als in dieser Phase auch noch Gonzalo Castro kam, ein Könner am Ball, wenn auch nicht spielfit nach einem halben Jahr ohne Klub, da hoffte mancher in Ostwestfalen auf den Klassenerhalt, auf ein drittes Jahr in der Bundesliga. Es kam anders.

Ein Einbruch, aber keine Erklärung

Einmal hat Bielefeld anschließend noch gewonnen, Mitte Februar gegen den 1. FC Union Berlin. Dazu kamen neun Niederlagen und drei Remis - es ist ein Einbruch, für den es nur Erklärungsansätze gibt, nicht mehr.

Da waren die Kopfverletzungen, bei Fabian Klos, bei Cedric Brunner, bei Fabian Kunze, in Bielefeld waren sie geschockt. Und es fehlten Spieler, die bei einer Mannschaft wie Bielefeld nicht fehlen dürfen.

Da war die Erzählung über den Trainer Kramer, die lange von kleinen Erfolgen handelte und von Verbesserungen, bis irgendwann nichts mehr besser wurde, nur noch schlechter. Irgendwann war der Trainer Kramer nur noch ein Ex-Trainer - doch erfolgreicher wurde es auch ohne ihn nicht.

Schlauchboot ohne Power

Als Bielefeld vor zwei Jahren in die Bundesliga aufgestiegen war, sprach der Sportchef Samir Arabi von seiner Mannschaft als einem Schlauboot, das mit Motorbooten konkurrieren müsse. Es gelang, die Arminia schaffte den Klassenerhalt. Vor einigen Monaten, die Rückrunde hatte schon begonnen, und die Welt in Bielefeld war noch in Ordnung, sagte Arabi der "Süddeutschen Zeitung": "Mittlerweile haben wir einen Außenborder, vielleicht sogar zwei."

Zuletzt aber, das wird auch Arabi nicht entgangen sein, war der Außenborder außer Betrieb. Die Arminia wirkte in den vergangenen Wochen wie ein Schlauchboot ohne Power, vielleicht sogar mit einem Loch im Rumpf.

Um 17.30 Uhr, der Abstieg stand gerade einige Minuten fest, erschien auf der Homepage von Arminia Bielefeld ein Spielbericht. Es wird der letzte aus der Bundesliga sein für einige Zeit, mindestens aber für ein Jahr. Die Überschrift lautet: "Auf Wiedersehen, Bundesliga."