Erste Hilfe im Freizeitsport "Fall Eriksen" im Amateurfußball: Erste Hilfe wäre Glückssache

Stand: 14.06.2021 17:02 Uhr

Der Herzstillstand des Dänen Christian Eriksen war der Schockmoment bei der Fußball-EM am vergangenen Wochenende. Dank schneller professioneller Hilfe ging die Sache wohl glimpflich aus für den Fußball-Profi. Aber wie sieht es aus, wenn so etwas bei einem Amateurspiel passiert?

Die Bilder gehen einem nicht aus dem Kopf. Der Moment, in dem Christian Eriksen wie aus dem Nichts zusammenbricht, das Entsetzen seiner Mitspieler und die Wiederbelebungsversuche, die im TV zu sehen waren. Nach einhelliger Expertenmeinung haben die sofort eingeleiteten Maßnahmen dem Dänen das Leben gerettet. Auch im Amateursport wäre es wichtig, dass schnelle Hilfe geleistet wird, genauso wie im normalen Alltag, am Arbeitsplatz oder in der Fußgängerzone, wo ebenfalls immer wieder Menschen kollabieren.

Jeder sollte helfen können

Für Prof. Götz Geldner, ärztlicher Direktor am Klinikum Ludwigsburg, gibt es dabei eine einfache Regel: "Prüfen, Rufen, Drücken - das sind die drei Dinge, die unbedingt in so einem Fall gemacht werden müssen", sagt der Notfallmediziner. Gemeint ist damit, dass zunächst geprüft werden soll, ob der Patient noch bei Bewusstsein ist, danach der Notruf abgesetzt wird und schließlich umgehend mit dem Drücken, also der Herzmuskelmassage, begonnen wird. Optimal wäre es, wenn jeder Bürger in der Lage wäre, diese Maßnahmen zu ergreifen. In Deutschland liegt die sogenannte Laien-Reanimationsquote allerdings nach Auskunft von Professor Geldner nur bei rund 40 Prozent, in Skandinavien dagegen bei 80 Prozent.

Keine Standards im Amateurfußball

Im Amateurfußball ist die Situation dabei nicht anders als im normalen Alltag. Während früher in der Spielordnung ein Sanitätsdienst am Spielfeldrand vorgeschrieben war, ist das heute nicht mehr der Fall. "Vorgeschrieben ist lediglich eine Erste-Hilfe-Ausrüstung, allerdings wird das nicht routinemäßig überprüft", sagt Franz-Josef Kolb, der beim Südwestdeutschen Fußball-Verband für den Spielbetrieb zuständig ist. So dramatische Fälle, wie der von Christian Eriksen, sind äußerst selten, deshalb werden keine besonderen Vorkehrungen getroffen. Ein Defibrillator gehört nicht zum Standard auf einem Amateur-Fußballplatz. In die Trainer-Ausbildung ist zwar ein Erste-Hilfe-Kurs integriert, allerdings liegt der, wie bei Autofahrern, manchmal Jahre zurück, so die Auskunft von Frank Jellinek vom Fußballverband Rheinland. "Prinzipiell sollte jeder Verein Erste Hilfe leisten können", sagt Franz-Josef Kolb. Eine Garantie gibt es dafür aber nicht.

Schnelle Hilfe entscheidend

So bleibt es im Grunde genommen Glückssache, dass im Fall der Fälle eine beherzte Person zur Stelle ist, die die richtigen Maßnahmen einleitet. Dabei ist es auch gar nicht so schwer, wie Professor Geldner nicht müde wird, zu betonen: "Man kann dabei eigentlich nichts falsch machen. Wichtig ist einfach nur, möglichst schnell die Herzdruckmassage einzuleiten", sagt der Fachmann und erklärt, dass man dabei mit rund 100 Druckimpulsen pro Minute den Brustkorb etwa vier bis fünf Zentimeter eindrücken muss. Bedeutet: Im Rhythmus des Popsongs "Staying alive" von den Bee Gees drücken. Auch die Benutzung eines Defibrillators, wenn denn einer in der Nähe ist, ist kein Hexenwerk. Eine einfache Gebrauchsanweisung beschreibt, was zu tun ist. Vieles macht das Gerät dann auch selbstständig.

Fall Eriksen Anlass für Richtlinien im Amateurfußball?

Der dramatische Fall von Christian Eriksen, live zu sehen von einem Millionenpublikum, hat wieder einmal deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, dass möglichst viele Menschen in der Lage sind, die einfachen Handgriffe in so einem Fall anzuwenden. Professor Geldern spricht sich für erhöhte Anstrengungen aus, damit auch in Deutschland die Quote der Laien-Reanimation deutlich gesteigert wird. Das würde dann auch im Amateursport vielleicht so manches Leben retten. Der Zufall will es, dass beim Fußballverband Rheinland heute Abend die Kommission "Fußball und Gesundheit" tagt. Natürlich wird dort auch über den Fall Eriksen gesprochen. Er wird hoffentlich ein Anlass sein, zukünftig klarere Richtlinien auch im Amateurfußball festzulegen.