Fußball | Afrika-Cup Afrika-Cup - der ewige Zank um die Spieler

Stand: 05.01.2022 10:07 Uhr

Seit afrikanische Spieler bei europäischen Top-Klubs unter Vertrag stehen, lodert der Streit um Abstellungen zum Afrika-Cup. Die FIFA spielt dabei eine ganz besondere Rolle.

Als Jürgen Klopp Ende November während einer Pressekonferenz vor einem Champions-League-Spiel über den Afrika-Cup als "kleinem Turnier" sprach, das da noch auf ein paar seiner Spieler zukomme, war das Echo gewaltig. Eigentlich hatte der Liverpool-Coach den Satz ironisch gemeint, es wurde ihm allerdings vielerorts als Beleidigung der Menschen auf dem Kontinent ausgelegt. 

Seither wird gestritten. Vor allem die englischen Klubs ärgern sich schon seit Jahren über den Termin des Turniers, für das sie wochenlang mitten in der Saison auf einen Teil ihrer besten Spieler verzichten müssen.

Diskussion "von Rassismus geprägt"?

Die andere Seite sagt, der Afrika-Cup sei schlicht Teil des Deals, den die Klubs eingehen, wenn sie einen afrikanischen Top-Spieler verpflichten. Im übrigen werde der Afrika-Cup, dessen Größe und Bedeutung mit der Europameisterschaft gleichzusetzen ist, permanent von Europa kleingeredet. Die Berichterstattung sei "von Rassismus geprägt", sagte sogar der englische Ex-Stürmer Ian Wright.  

Am Wochenende ist es soweit. Mit der Partie zwischen Gastgeber Kamerun und Burkina Faso wird am Sonntag (09.01.2022) die 33. Auflage des 1957 zum ersten Mal durchgeführten "African Cup of Nations" eröffnet. Favorisiert unter den 24 teilnehmenden Mannschaften sind Titelverteidiger Algerien aus dem Norden des Erdteils sowie Ägypten mit Mo Salah und der westafrikanische Senegal, der mit Sadio Mané den vielleicht größten Star des Turniers in seinen Reihen weiß. 

FC Liverpool besonders gebeutelt

Womit wir wieder beim FC Liverpool wären, der mit Mané, Salah und dem Guineer Naby Keita auf gleich drei eminent wichtige Spieler wird verzichten müssen. Und zwar womöglich wochenlang. Zwar wurde den Spielern diesmal gestattet, ausnahmsweise erst fünf Tage vor Turnierbeginn anzureisen, allerdings findet das Finale erst am 6. Februar statt. Und sowohl Salahs Ägypten wie auch Manés Senegal wird das Endspiel durchaus zugetraut. 

Die Diskussionen um Abstellungen sind dabei schon fast so alt wie das Turnier selbst. Schon 1994, als der Cup in Tunesien ausgetragen wurde, stritten Eintracht Frankfurt und Ghanas Fußballverband wochenlang um die Abstellung des seinerzeit überragenden Torjägers Anthony Yeboah. Mit dem Resultat, dass der stämmige Angreifer damals zwischen Bundesliga- und Afrika-Cup-Spielen per Privatflieger hin- und herpendelte.

Allerdings nicht lange: Nach zwei Wochen zog Yeboah sich infolge der Überlastung eine Muskelverletzung zu und konnte fortan für keines der beiden Teams mehr spielen.  

"Jeder Verein weiß um die Problematik"

Solcherlei "Lösung" des Problems ist nicht mehr möglich, seit der Fußball-Weltverband FIFA die Abstellungspflicht modifizierte und klare Regeln aufstellte: 14 Tage vor Turnierbeginn müssen die nominierten Spieler ausschließlich ihren Nationalmannschaften zur Verfügung stehen.

"Jeder europäische Verein, der einen afrikanischen Spieler verpflichtet, weiß um diese Problematik", sagt Osasu Obayiuwana, Sportjournalist aus Nigeria im Gespräch mit der Sportschau. "Es ist schlicht respektlos, wenn ständig und immer wieder über die Daseinsberechtigung des Afrika-Cups diskutiert wird. Die Vereine bewegen sich auf einem weltweit akzeptierten Markt. Und wenn sie einen Spieler verpflichten, müssen sie dessen Herkunft und Kultur respektieren", findet Obayiuwana.  

"Mangel an Respekt"

Ajax Amsterdams Stürmer Sébastien Haller kritisierte in einem Interview mit der niederländischen Zeitung "De Telegraaf" den Umgang der Medien mit Spielern. Die Frage, ob man nicht lieber in den Niederlanden bleibe, um dort zu spielen, zeige "den Mangel an Respekt für Afrika", sagte der ivorische Nationalspieler. "Würde diese Frage jemals einem europäischen Spieler vor den Europameisterschaften gestellt werden?" 

Unterstützung finden die beiden bei Gernot Rohr, bis Anfang Dezember noch Cheftrainer der nigerianischen Nationalmannschaft. "Der Afrika-Cup ist das weltweit fünftgrößte Sportevent überhaupt. Er verdient auf jeden Fall größeren Respekt, als ihm bislang vor allem in Europa zuteil wurde", sagt der 68-jährige gegenüber der Sportschau.

Gefahr durch Bürgerkrieg

Bleibt abzuwarten, wie sich diesmal die Organisatoren des Events schlagen werden. Kamerun wurde der Cup 2019 schon einmal kurzfristig wieder entzogen, weil die Vorbereitungsarbeiten nicht rechtzeitig abgeschlossen waren. Nun wird das Turnier zu einem Zeitpunkt in Kamerun stattfinden, in dem sich das Land inmitten eines Bürgerkriegs befindet. Eine englischsprachige Minderheit aus dem Westen des Landes kämpft um seine Unabhängigkeit, die regierende frankophone Fraktion schlägt die Aufständischen mit Waffengewalt zurück. 

Hinzu kommt das Coronathema. In Kamerun sind nach jüngsten Berechnungen noch nicht einmal drei Prozent der Bevölkerung durchgeimpft. Die Organisatoren haben auf Druck des Weltverbands FIFA aber festgelegt, dass nur vollständig Geimpften der Zutritt in die Stadien erlaubt wird. Auf die für Afrika-Cups eigentlich typische euphorische Stadion-Stimmung wird man in jedem Fall verzichten müssen.