Die deutschen Staffel-Sprinter Lucas Ansah-Peprah (r.) und Owen Ansah bei der Übergabe über 4x100 m bei der Leichtathletik-WM in Eugene.

Leichtathletik-EM HSV-Sprinter-Duo greift in München nach den Sternen

Stand: 14.08.2022 08:04 Uhr

Gleicher Name, gleicher Verein, gleiche Ziele - nur verwandt sind sie nicht. Owen Ansah und Lucas Ansah-Peprah zählen zur neuen deutschen Sprintergeneration - und haben bei der Leichtathletik-EM in München viel vor.

Von Bettina Lenner, München

"Vielleicht fallen die zehn Sekunden schon hier in München, wenn es gut läuft. Ich habe mich im Training sehr gut gefühlt." Rumms. Das ist mal eine Ansage. Owen Ansah spricht große Worte gelassen aus. Noch nie ist ein deutscher Sprinter offiziell unter der magischen Marke geblieben; der deutsche Rekord von Julian Reus über 100 Meter steht seit 2016 bei 10,01 Sekunden. Doch der 21-Jährige ist Teil einer neuen Sprintergeneration, der dieser Coup zuzutrauen ist - wenn auch vielleicht noch nicht bei den European Championships.

"Den Zuschauern eine gute Show bieten"

Mit 10,08 und 10,09 Sekunden lieferte der deutscher Meister über 100 und 200 Meter in diesem Jahr zwei starke Zeiten ab und hat sich auf hohem Niveau stabilisiert. Sein HSV-Teamkollege Lucas Ansah-Peprah, der nur zufällig ähnlich heißt, steigerte sich Anfang Juli gar auf 10,04 Sekunden.

Und dabei soll es nicht bleiben: "Ich möchte meine persönliche Bestleistung knacken, ins Finale kommen und den Zuschauern im eigenen Land eine gute Show bieten", betont der 22-Jährige, der als Nummer vier der europäischen Jahresbestenliste ebenso direkt im Halbfinale am Dienstag (16.08.2022) steht wie sein Buddy Owen (Rang sieben). Julian Wagner (LC Thüringen) komplettiert das starke 100-Meter-Trio.

Mein Ziel ist ganz klar der deutsche Rekord und dass ich die Zehn-Sekunden-Marke knacke. Aber ich mache mir keinen Druck. Es wäre schön, wenn's am Dienstag passiert. Wenn nicht, dann nicht.
Lucas Ansah-Peprah

Keine Trainingsweltmeister, aber Wettkampftypen

Unbekümmert, aber fokussiert verfolgen die beiden Hamburger, die mittlerweile in Mannheim trainieren und weiter für den HSV starten, ihre ehrgeizigen Ziele - und sind dabei echte Wettkampftypen. "Wir sind nicht unbedingt die Trainingsweltmeister, aber wir provozieren uns schon gegenseitig und pushen uns dadurch. Wir wollen einfach schnell laufen und haben Spaß am Wettkampf", sagt Lucas Ansah-Peprah.

Als "gesunden Konkurrenzkampf" bezeichnen dabei beide ihr Verhältnis auf der Bahn. "Wenn wir auf den Platz kommen, dann sind wir eben mal keine Freunde. Da konzentriert sich jeder auf seinen Lauf. Aber danach supporten wir uns wieder", erzählt Owen Ansah.

Ex-Weitspringer Bayer ist Trainer und Vorbild

Ein feines Händchen für seine beiden Talente, die im vergangenen Jahr in die nationale Sprint-Spitze vorstießen, beweist Trainer Sebastian Bayer. Seit 2019 betreut der 36-Jährige, einst selbst ein Weltklasse-Leichtathlet und mit 8,71 m Weitsprung-Europarekordhalter in der Halle, das hoffnungsvolle Hamburger Sprint-Duo. "Er sieht uns an, wenn es uns mal nicht so gut geht oder wenn wir im Wettkampf nervös werden. Wir profitieren sehr von seiner Erfahrung", schildert Owen Ansah: "Wir wollen irgendwann auch so erfolgreich sein wie unser Trainer."

Der Coach ist überzeugt von seinen Schützlingen. Und auch, "dass sie die zehn Sekunden über 100 Meter und den deutschen Rekord über 200 Meter (20,20 Sekunden, d.Red.) in sich tragen". Die persönliche Bestzeit von Owen Ansah, der bei seiner EM-Premiere auch über 200 Meter startet, steht bei 20,35 Sekunden.

Deutscher Rekord mit dem DLV-Quartett

Immerhin, einen deutschen Rekord haben die beiden HSV-Sprinter schon in der Tasche: Anfang Juni drückten sie mit der DLV-Staffel die Bestmarke auf 37,99 Sekunden. "Ich freue mich darauf, mit den Jungs in München etwas abzufackeln. Wir versuchen unseren deutschen Rekord noch einmal anzugreifen. In Regensburg waren die Wechsel nicht optimal, das wollen wir jetzt besser machen", so Owen Ansah.

Staffel-Medaille ist möglich

Auch das unglückliche Vorlauf-Aus bei der WM in Eugene ist unter "Lehrgeld" abgehakt. In München werden die Karten neu gemischt, kann das deutsche Quartett um eine Medaille mitlaufen - vielleicht sogar um den Titel. "Ich bin nicht hier, um Larifari zu machen. Ich möchte schnell laufen und zeigen, dass mit mir in den nächsten Jahren zu rechnen ist", unterstreicht Lucas Ansah-Peprah.

Sommerspiele in Paris das Ziel

Denn perspektivisch heißt das Ziel Paris 2024. Und natürlich auch noch Olympia darüber hinaus. "Ich bin ja noch jung. Ich möchte mich weiter so entwickeln, in Paris einen Einzelstart haben, ein paar Runden weiterkommen und bis 2032 weiter Sport machen, auch mit der Staffel und den Jungs", skizziert Owen Ansah seine ebenso ambitionierten wie klaren Zukunftspläne.

Heim-EM "eine einmalige Sache"

Jetzt gilt es aber erst einmal bei der Heim-EM. "Eine Europameisterschaft im eigenen Land ist eine einmalige Sache", betont Lucas Ansah-Peprah. "Ich hoffe, dass die Zuschauer durchdrehen, wenn ich vorgestellt werde. Wenn mich viele Leute anfeuern, dann pusht mich das noch einmal sehr", unterstreicht Owen Ansah. Und vielleicht ist dann sogar (fast) Unmögliches möglich.