Gina Lückenkemper

Leichtathletik-EM Gina Lückenkemper will "die Münchner Bahn brennen lassen"

Stand: 13.08.2022 14:10 Uhr

Mit starken Vorleistungen und WM-Staffel-Bronze im Gepäck geht Gina Lückenkemper in die am Montag (15.08.2022) beginnenden Leichtathletik-Wettkämpfe der European Championships. Vielleicht gelingt der Vize-Europameisterin wieder ein Coup wie bei der Heim-EM vor vier Jahren in Berlin. Deutschlands Vorzeige-Sprinterin hat jedenfalls "wirklich richtig Bock".

Von Bettina Lenner, München

Es ist friedlich im Sepp-Brenninger-Stadion von Erding, das reinste Idyll am Ende einer Sackgasse. Hier, 30 Kilometer vor den Toren Münchens, bereitet sich ein Großteil der deutschen Leichtathleten im sogenannten Pre-Camp auf die Heim-EM vor, die am Montag für die DLV-Starter beginnt. Die Anlage ist gut in Schuss, hinter den Eistonnen gibt es ein gut gefülltes Kuchenbuffet und freundliche Helfer, die stolz sind, dass sie Deutschlands beste Leichtathleten beherbergen und umsorgen dürfen.

Ganz hinten auf der blauen Bahn schuftet Gina Lückenkemper. Das Staffeltraining ist gerade vorbei, nun hängt Deutschlands aktuell schnellste Frau noch eine individuelle Einheit dran. Sie klatscht sich auf die Oberschenkel und ins Gesicht, macht sich selbst Beine. Kurzum: Sie ist in ihrem Element. "Das war die letzte wichtige Sprinteinheit, und die hat es in sich gehabt. Aber ich war voll on fire und habe mich vollkommen verausgabt", berichtet sie anschließend und wirkt dabei ziemlich zufrieden.

Lückenkemper: "Erfolgreichste Saison krönen"

Wie auch nicht. Nach Verletzungen und Corona-Knick läuft es für die 25-Jährige in dieser Saison, die für sie schon jetzt die erfolgreichste ihrer Karriere ist: "Ich habe es in diesem Jahr geschafft, so konstant gute Zeiten zu rennen wie noch nie zuvor. Aber ich hoffe natürlich, dass ich bei der EM noch das Krönchen aufsetzen kann."

10,99 Sekunden hatte Lückenkemper Ende Juni beim DM-Titelgewinn auf die Bahn gezaubert - und war damit so schnell wie seit 2018 nicht mehr; da war sie bei der Heim-EM in Berlin im Halbfinale und Finale in je 10,98 Sekunden am Ende zu Silber gelaufen. Nur bei der WM 2017 in London war sie in 10,95 Sekunden noch flotter unterwegs.

"Krasses Niveau" im europäischen Frauensprint

Schließt sich nun beim nächsten EM-Heimspiel der Kreis? Lückenkemper wiegelt ab: "Dieses Jahr ist es schwieriger als 2018. Ich würde das Wort Medaille nicht so offensiv in den Mund nehmen, wie ich es 2018 getan habe. Weil das Niveau im europäischen Frauensprint noch einmal krasser geworden ist."

Die Titelverteidigerin und europäische Jahresbeste Dina Asher-Smith hat sie auf dem Zettel, außerdem Daryll Neita (beide Großbritannien), die Schweizerin Mujinga Kambundji, Ewa Swoboda aus Polen - "und mich selbst. Es wird definitiv nicht einfach, aber ich werde alles geben und will da mitkämpfen", verspricht sie.

Ich bin in diesem Olympiastadion noch nicht gerannt, aber die Bilder sind jetzt schon atemberaubend. Ich glaube, das wird eine unfassbare Meisterschaft.
Gina Lückenkemper

Prominente Unterstützung von Lyles und Co. im Stadion

Unterstützung erhält Europas Nummer vier, die aufgrund ihrer Platzierung direkt im Halbfinale steht und erst am Dienstag ins Geschehen eingreift, dabei im Münchner Olympiastadion nicht nur von ihrer gesamten Familie, sondern auch von 400-Meter-Olympiasiegerin Shaunae Miller-Uibo und 200-Meter-Weltmeister Noah Lyles. Beide zählen zur Trainingsgruppe der Athletin vom SCC Berlin, die seit November 2019 bei Lance Braumann in Florida trainiert.

"Das ist schon sehr cool", freut sich Lückenkemper, die sich zudem nach dem WM-Coup vor knapp drei Wochen auch mit der Staffel erneut etwas ausrechnet. "Schnell rennen ist das große Ziel. Denn wenn wir das tun, ist sehr viel möglich", so die 25-Jährige, die in Eugene gemeinsam mit Tatjana Pinto, Alexandra Burghardt und Rebekka Haase grandios zu Bronze gerannt war: "Wir beeilen uns einfach wieder ein bisschen." Die Britinnen sind dabei vor allem das Team, das es zu schlagen gilt, auch wenn sie in Eugene nicht auf dem Treppchen standen. Asher-Smith hatte sich im Laufen verletzt.

"Es ist wieder ein emotionales Highlight"

Im Sepp-Brenninger-Stadion ist Ruhe eingekehrt. Die Trainingssessions sind beendet, nun knallt nicht mehr Lückenkempers schneller Schritt, sondern nur noch die Sonne auf die blaue Bahn. Sprinterwetter. Es ist die Ruhe vor dem Sturm.

Viel mitbekommen hat Gina Lückenkemper im beschaulichen Erding noch nicht von der EM-Euphorie "dahoam". Doch sie freut sich unbändig darauf. "Ich habe die Bilder von der Eröffnungsfeier gesehen und schon Gänsehaut gehabt. Ich glaube, das wird eine wahnsinnstolle Europameisterschaft", prognostiziert sie - und will ihren Teil dazu beitragen: "Es ist wieder ein emotionales Highlight. Ich freue mich wahnsinnig darauf, in München die Bahn brennen zu lassen. Ich hab' wirklich richtig Bock."