Timo Boll nach seinem ersten Hauptrunden-Match

European Championships Deutsche Tischtennis-Doppel enttäuschen, Boll kämpft sich durch

Stand: 17.08.2022 21:33 Uhr

Dang Qiu und Benedikt Duda haben ihr Viertelfinale bei der EM in München verloren und haben damit ihre Medaillenträume begraben müssen. Auch das deutsche Damen-Doppel schied aus. Damit bleibt Deutschland das erste Mal seit 2003 ohne eine Medaille in den reinen Doppel-Wettbewerben. Rekordeuropameister Timo Boll zeigte ein starkes Comeback.

Von Christian Kerber und Michael Buchartz

Im Männer-Viertelfinale trafen die deutschen Meister Qiu/Duda auf die Österreicher Daniel Habesohn und Robert Gardos und verloren mit 2:3 (8:11, 10:12, 11:5, 11:9, 11:13) in einem wahren Tischtennis-Krimi.

Qiu/Duda kommen zurück

Den besseren Start erwischte das "Senioren-Doppel" aus Österreich. Der 43-Jährige Gardos und der 36-jährige Habesohn zogen schnell auf 5:1 davon. Die beiden bilden ein eingespieltes Doppel, waren 2012 und 2018 Europameister - der erste Satz ging schließlich auch an Österreich.

Der zweite Satz gestaltete sich dann ausgeglichener, endete jedoch wieder zu Ungunsten der Deutschen, die nach dem 10:12 mit dem Rücken zur Wand standen. Der Druck schien Qiu und Duda zu beflügeln: Mit 11:5 und 11:9 glichen sie nach Sätzen aus.

Drama im Entscheidungssatz

Das Niveau der Ballwechsel lag im Entscheidungssatz im absoluten Weltklasse-Bereich - beide Duos begegneten sich auf Augenhöhe. Drei Punkte in Folge brachte den Gegnern aus Österreich einen 9:6-Vorsprung. Das Ende der Medaillenträume? Nein! Zwei Matchbälle wehrten Qiu und Duda ab, bei 10:10 ging die Partie in die Verlängerung. Es war Drama pur: Erst vergaben die Deutschen einen eigenen Matchball, dann verwandelten die Österreicher ihren dritten Matchball zum Sieg.

Start ins Damen-Doppel misslingt

Die zweite Medaillenchance hatten anschließend Sabine Winter und Nina Mittelham im Damen-Doppel, die ihr Spiel gegen die spanisch-rumnänische Kombination Maria Xiao und Adina Diaconu mit 1:3 (9:11, 13:11, 8:11 7:11 verloren. Vor allem Mittelham unterliefen zu häufig Fehler.

Der Start in die Partie misslang dem deutschen Duo völlig: 0:6 lag das Duo im ersten Satz hinten. Dann jedoch kam das Duo in Fahrt - bei 9:9 war der Satzgewinn wieder möglich. Zwei Punkte in Folge ließen jedoch die Gegnerinnen erstmals jubeln.

DTTB erlebt nächste Enttäuschung

Der zweite Durchgang verlief eng, die Führung wechselte oft. Im entscheidenden Moment waren jedoch die Spanierin und die Rumänin wieder da und erarbeiteten sich drei Satzbälle. Doch Winter und Mittelham wehrten alle drei ab und holten sich ihrerseits den ersten Satzball. Was dann folgte, war einer der spektakulärsten Ballwechsel des bisherigen Doppel-Turniers - mit besserem Ende für das multi-nationale Duo. Zwei Punkte später jubelten aber Deutschlads Damen über den Satzausgleich.

Den wichtigen dritten Durchgang sicherten sich wieder Xiao und Diaconu mit 11:8. Winter und Mittelham mussten nun zwei Sätze in Folge gewinnen für die Medaille. Bei 1:3 nahm Bundestrainerin Tamara Boros eine Auszeit. Die verpuffte ohne Wirkung, Deutschlands Damen rannten permanent einem Rückstand hinterher. Nach dem 7:11 stand die nächste Enttäschung fest: Deutschland bleiobt nach dem Mixed auch in den Doppel-Konkurrenzen ohne Medaille.

Noch fünf Damen im Einzel dabei

Die K.o.-Runden im Einzel eröffnete aus deutscher Sicht Han Ying. Die beste Abwehrspielerin der Welt ließ ihrer Gegnerin Dragana Vignjevic beim souveränen 4:0 (11:5, 11:1, 11:3, 11:2) keine Chance. Fast ebenso souverän agierten anschließend Sabine Winter (4:0), Nina Mittelham (4:1) und Shan Xiaona (4:0). Yuan Wan musste zwar zwei Sätze abgeben, kamen aber letzlich ebenfalls weiter.

Die Jungtalente Annett Kaufmann und Franziska Schreiner boten den Zuschauern in der Rudi-Sedlmayr-Halle dagegen wahre Tischtennis-Krimis. Beide lagen bereits mit 1:3-Sätzen hinten und kämpften sich zurück. Eine weitere Parallele: Kaufmann und Schreiner führten im Entscheidungssatz und, mit der nächsten Runde vor Augen, versagten die Nerven. Letztlich mussten die 16 Jahre alte Jugend-Europameisterin Kaufmann und ihre 20-jährige Teamkollegin jeweils zum Sieg gratulieren.

Franziska und Ovtcharov souverän, Boll mit grandiosem Comeback

Im Herren-Einzel griffen erstmals die Titelkandidaten aus Deutschland ins Geschehen ein. Patrick Franziska (4:0 gegen Pavel Sirucek) und Dimitrij Ovtcharov (4:1 gegen Martin Andersen) spielten sich souverän weiter.

Deutlich mehr Mühe hatte Rekordeuropameister Timo Boll, dessen Start aufgrund einer Rippenverletzung lange unsicher war, in seiner ersten Partie gegen den Polen Samuel Kulczycki. Beim 4:3 (9:11, 11:6, 9:11, 5:11, 11:9, 11:1, 11:5) schien er zunächst gehandicapt und weit weg von seiner Bestform. Trotz der Unterstützung der Zuschauer, die "Kämpfen, Timo, kämpfen!" skandierten, agierte der 41-Jährige gegen den frech aufspielenden U-19-Vizeweltmeister 2021 oft zu passiv und fehlerhaft.

Beim Stand von 3:7 und 1:3-Satzrückstand sah alles nach dem frühen Ende für den 41-Jährigen aus. Doch Boll drehte den Durchgang noch und spielte in Satz Nummer sechs plötzlich sein bestes Tischtennis. Der Entscheidungssatz musste schließlich Klarheit schaffen. Dort erarbeitete sich der Titelverteidiger einen Zwei-Punkte-Vorsprung und gab die Partie nicht mehr aus der Hand.

Qui gewinnt über sieben Sätze, Duda souverän

Wie zuvor Timo Boll machte es auch Dang Qui spannend. Im entscheidenden Satz setzte sich der 25-jährige Nürtinger mit 11:9 gegen seinen türkischen Kontrahenten Ibrahim Gündüz durch und gewann mit 4:3 (6:11, 11:6, 11:5, 11:13, 10:12, 11:4, 11:9). Damit zog Qui als vierter Deutscher in die nächste Runde ein.

Und der fünfte folgte nur wenige Minuten später. Mit einem souveränen 4:1 besiegte Benedikt Duda den Italiener Jordy Piccolin. Nachdem Duda die ersten drei Sätze hoch gewonnen hatte (11:2, 11:4, 11:5), siegte der Italiener im vierten mit 13:11. Den fünften holte sich dann wieder Duda mit einem 13:11.