Europameisterin Lea Friedrich
Bilanz

European Championships Deutschland, einig Bahnrad-Land

Stand: 16.08.2022 22:49 Uhr

Innerhalb von nur 14 Tagen wurde der deutsche Medaillentempel dieser European Championships 2022 erbaut. Beim Bahnrad in der Messe München gab es dann acht Goldmedaillen bei den Europameisterschaften - eine Bilanz aus dem Velodrom, das nun wieder abgebaut wird.

Von Johannes Kirchmeier, München

"Auf geht’s, Lea!", schrien die Zuschauerinnen. Und noch einmal brandete dieser Jubel auf im Velodrom der Bahnrad-EM in München. Lea Sophie Friedrich steckte im Sechs-Frauen-Rennen Keirin mittendrin in einem so überwältigenden Zweikampf mit der Französin Mathilde Gros um die Goldmedaille bei den European Championships.

Daher schwollen die Schreie und der Applaus auf der letzten Runde bis zur Zielgeraden noch einmal an, Friedrich schaffte es schließlich als Erste über die Ziellinie und streckte ihre rechte Faust nach oben. "Ich habe mir heute vorm Start gesagt: 'Ok, Lea, gib Vollgas!' Und das hat geklappt", sagte sie mit einem breiten Grinsen, die deutsche Nationalhymne sang sie danach sichtlich stolz mit auf dem Podium.

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Die aktuelle Keirin-Weltmeisterin hat damit auch ihren Europameistertitel verteidigt. Kurz danach errang Maximilian Dörnbach Silber bei den Männern. Und anderthalb Stunden später gewannen auch noch Roger Kluge und Theo Reinhardt Gold im Madison, der Abschlussveranstaltung in diesem binnen 14 Tagen eiligst hingezimmerten und provisorischen Bahnrad-Velodrom. "Wir haben gezeigt, dass wir die Weltspitze mitkreieren", sagte Reinhardt.

Deutscher Medaillentempel in der Messe München

Bald wird das Velodrom wieder abgebaut, auch wenn das Team des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) da eigentlich was dagegen haben dürfte. Denn die Anlage in der Münchner Messehalle C1 ist mit acht EM-Titeln zum schwarz-rot-goldenen Medaillentempel geworden bei diesen European Championships.

"Wir haben uns sehr gut präsentieren können vor dem einheimischen Publikum und sind zufrieden. Das ist eine super Bilanz", sagte BDR-Sportdirektor Patrick Moster: "Dass wir in der Breite und in jeder Disziplingruppe so stark vorne mitfahren können, haben wir uns erhofft. Aber wenn es so kommt, freut man sich."

Lisa Brennauers Abschied hinterlässt eine Lücke

Da war Lisa Brennauers Abschied von der Bahn unter Tränen und dekoriert mit Gold und Silber. "Das ist eine Lücke, die kann der deutsche Radsport nicht schließen", sagte Moster, der hofft, dass Brennauer vielleicht einmal als Trainerin weitermacht: "Sie ist aus meiner Sicht die erfolgreichste Athletin, wenn man die Medaillen und die Farben der Medaillen anschaut."

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Und da war natürlich Emma Hinzes furiose Sprint-Show: Drei Mal Gold gewann die Cottbuserin. Die Krönung war das Millimeter-Finish am Montagabend gegen die auch da nur minimal langsamere Gros. Und über die 500 Meter im Zeitfahren schaffte Hinze sogar deutschen Rekord. "Diese EM hat einen sehr großen Stellenwert für mich. Es ist krass, hier zu Hause zu gewinnen", sagte die 24-Jährige, die sich am Ende nur nach ihrem eigenen Bett daheim sehnte.

Acht Nationalhymnen für deutsche Bahnradler

Eines bleibt außer Frage: Der Hauptgrund, warum Deutschland bei den European Championships nach den sechs Wettkampftagen den Medaillenspiegel anführt, sind die Bahnradler mit nun insgesamt acht Europameistertiteln, vier Silbermedaillen und ein Mal Bronze im Münchner Messeoval, die erfolgreichste Mannschaft. Deutschland, einig Bahnrad-Land. In den kommenden bahnlosen Tagen dürfte es nun für Deutschlands Sportler gar nicht so leicht werden, Medaillenrang eins zu verteidigen.

"Das gibt ein Riesen-Selbstbewusstsein und das zeigt, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, der richtige ist", bilanziert Moster. Der aber auch einschränkt, dass "die Niederländer, die führende Nation im Sprint", zu großen Teilen auf Keirin und Sprint verzichteten.

Aus Platzgründen verkürzte Bahn

Das lag an der Bahn, die in der Messehalle C1 aus Platzgründen von 250 auf 200 Meter verkürzt werden musste. Die Länge ist international ungewohnt und gilt Beobachtern als Sicherheitsrisiko. In der Tat gab es in den vergangenen Tagen mehrere Stürze, die allerdings nach Meinung der Experten nicht unmittelbar mit der Verkürzung in Verbindung standen.

Sprint-Bundestrainer Jan van Eijden meinte daher auch: "Das gehört zum Sport dazu, gerade zum Radsport. Wenn du auf die Bahn gehst, musst du akzeptieren, dass du hinfallen kannst."

Rammstein und AC/DC dröhnen aus den Boxen

Anders als an den helleren Wettkampfstätten in der Sommersonne Münchens wurden in der Messehalle viel rockigere Töne angestimmt von DJ Marcel Barth. Aus den Lautsprecherboxen dröhnte am Dienstag etwa: "Feuer frei!", "Engel" oder "Ich will" von der Band Rammstein und "TNT" von AC/DC – passend zu den so spektakulären fliegenden Starts in den Keirin-Sprints eben.

Nach dem letzten Rennen legte der Hallen-DJ dann erst "We are the Champions" von Queen und schließlich Journeys "Don't stop believin" auf. Recht viele bessere Songs, um die Leistungen der deutschen Bahnradler an der Messe München zu untermalen, hätte es natürlich nicht gegeben.