Eishockey Franz Reindl und der Eishockey-Weltverband - sein größtes Spiel

Stand: 22.09.2021 14:16 Uhr

Franz Reindl ist Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes - und überhaupt ein Name in seinem Sport. Nun möchte er Präsident des Eishockey-Weltverbands (IIHF) werden.

Franz Reindl ist aufgekratzt. Das ist ungewöhnlich für diesen Mann, zu dessen ausgewiesener Stärke sicherlich auch innere Ruhe und Überzeugung zählen. Aber nun ist eben alles ein bisschen anders. Was daran liegt, dass dieser Mann, der bald 67 Jahre alt sein wird, sich in ein Abenteuer gestürzt hat.

"Am Anfang habe ich nicht gedacht, dass es so groß werden könnte", sagt Reindl. "Aber jetzt ist es mein größtes Spiel geworden." Das letzte Drittel in diesem Spiel habe begonnen, "aber kurz vor Schluss wird ja gerne mal gefoult, einer nimmt 'ne Auszeit, der Nächste provoziert." Immerhin: Reindl liegt in Führung, das lässt sich wohl festhalten.

Vorgänger Fasel - ein Romantiker?

In St. Petersburg wählen die 58 Mitgliedsverbände des IIHF am Samstag (25.09.2021) ihren neuen Präsidenten. Mehr als ein Vierteljahrhundert lang war dies der Schweizer René Fasel, über den sich sagen lässt, dass er meist mit einem verbindlichen Lächeln in der Welt unterwegs war, und dass ihn selbst bisweilen eher übellaunige Chronisten wie der Schweizer Journalist Klaus Zaugg als "Eishockey-Romantiker“ beschreiben.

Aus Fasel wurde man trotzdem nie so richtig schlau. Noch im Januar ließ er sich vom belarusischen Schreckensherrscher Lukaschenko in den Arm schließen, um danach die anstehende Eishockey-Weltmeisterschaft in Minsk zu besprechen - zu einer Zeit also, in der Belarus international zunehmend geächtet worden war. Fasel jedoch hatte die WM-Vergabe bis zuletzt gegen "jeden politischen Einfluss" verteidigt.

Gegenwind aus dem eigenen Lager

So etwas würde Franz Reindl eher nicht passieren, wenn er denn gewählt würde. Konjunktiv, denn Reindl hat vier Gegenkandidaten, bezeichnenderweise auch den Belarusen Sergej Gontcharov. Reindl sagt: "Wir werden die Bewerbungsrichtlinien für die Austragung von Weltmeisterschaften anpassen müssen." So redet er manchmal, ein bisschen verklausuliert, weil er natürlich kein Porzellan zerschmeißen will. Aber man kann das durchaus als Wink an Staaten wie Belarus verstehen.

Deutlicher wird Reindl, wenn man ihn danach fragt, wie sehr ihm die Vorwürfe einzelner Landesverbände zugesetzt haben, die ihm im Frühsommer "intransparentes Geschäftsgebaren" vorwarfen. Im Kern ging es darum, dass Reindl weiter als Geschäftsführer der Eishockey GmbH sein Geld verdiente, auch nachdem er 2014 zum DEB-Präsidenten gewählt worden war. "Das war mein Job. Damit habe ich mein Geld verdient", sagt Reindl. "Für meine Arbeit als Präsident gab es nie einen einzigen Cent."

Der Vorwurf seiner Kritiker aber lautete: Ehrenamt und Beruf ließen sich kaum voneinander trennen. "Es wurde alles geprüft. Es liegt nichts vor. Die Fragen stellen sich nicht. Aber es tut persönlich natürlich schon weh", sagt Reindl.

Stille Post im Hotel?

Jetzt, angekommen in St. Petersburg, bleibt noch ein bisschen Zeit für Überzeugungsarbeit, für Werbung in eigener Sache. Aber nur im Gespräch. Niemand sollte annehmen, dass der 181-fache, ehemalige Nationalspieler abends über die Hotelflure schleicht, um verschlossene Umschläge unter Zimmertüren hindurchzuschieben. Reindl sagt: "Wenn jemand kommt und fragt: What’s in for me? Dann antworte ich: It’s me. I am in for you."

Reindl war schon einmal der Versöhner

Man kann es dem Reindl Franz aus Garmisch-Patenkirchen schon abnehmen, dass er für den Sport da sein will. Dass er die großen Verbände in Nordamerika, in Russland und in Europa an "den großen Tisch der Eishockey-Familie holen möchte." Denn Eishockey soll wachsen, in allen Bereichen.

Was natürlich nach Schaufensterreden klingt - aber in seiner Zeit als DEB-Präsident hat es Reindl immerhin geschafft, dass die Deutsche Eishockey Liga und sein Verband ihre tiefen Gräben überwanden und sich darauf verständigten, dass vor allem eine starke Nationalmannschaft das Zugpferd vor die Sportart Eishockey gespannt werden muss.

Das war eine Herkulesaufgabe, die Olympiasilber brachte, in Lettland zu einer sehr überraschenden WM-Halbfinalteilnahme führte und die deutsche Auswahl auf Platz fünf der Weltrangliste katapultierte. "Keine andere deutsche Mannschaft ist im Moment besser platziert", sagt Reindl und schiebt ein Lächeln hinterher, weil er ja weiß, welch flüchtiges Glück auch im Eishockey mitunter zu Hause ist. Vor allem, wenn man knapp in Führung liegt.