Basketball | DBBL Basketball: Historische Chance für die Rheinland Lions

Stand: 21.04.2022 20:22 Uhr

Einen Aufsteiger im Finale um die Meisterschaft sieht man im Sport selten. Doch nach einer überragenden Saison gehen die Basketballerinnen der Rheinland Lions sogar als Favorit in die Begegnungen. Ab Freitag (22.04.2022) treffen sie in der Best-of-five-Serie auf die Eisvögel USC Freiburg.

"Ich will mit dieser Mannschaft unbedingt deutsche Meisterin werden. Wir habe so viel dafür gearbeitet", sagt Romy Bär, langjährige deutsche Nationalspielerin und eine der Leistungsträgerinnen bei den Rheinland Lions.

Ihr Team hat schon jetzt eine extrem erstaunliche Saison gespielt. Klarer Vorrundenerster, nur drei Niederlagen in 24 Spielen, in Viertel- und Halbfinale ungeschlagen.

Beeindruckend wird diese Bilanz vor allem, wenn man sieht, wo der Klub vor ein paar Jahren noch stand. Zwar gibt es im Bergisch Gladbacher Ortsteil Bensberg durchaus eine Basketball-Tradition, in den neunziger Jahren schaffte es der Verein unter dem Namen TV Bensberg in der Bundesliga immerhin mal auf den vierten Platz. Doch in den vergangenen 15 Jahren dümpelte der Klub in der zweiten Bundesliga und Regionalliga dahin.

2018 beinahe noch in die Regionalliga abgestiegen

2018 konnte der Abstieg in die Regionalliga nur knapp vermieden werden. Da fasste der heutige Manager Martin Spicker den Entschluss, den Klub nach oben zu bringen. Spicker war früher selbst Basketball-Trainer, leitet heute sein eigenes Unternehmen, das Firmen bei Events und Reiseplanungen unterstützt. Mit ihm als Hauptsponsor und professionellen Strukturen begann der sportliche Erfolgsweg.

400.000 bis 500.000 Euro sind in etwa nötig, um eine Topmannschaft in der Frauen-Bundesliga stellen zu können. Im Augenblick trägt Martin Spicker selbst als Mäzen noch einen Großteil des Etats, doch sein Ziel ist es, dies schon bald zurückfahren zu können.

Sportlich liegt die Verantwortung auf den Schultern von Trainer Mario Zurkowski. Auch der 34-Jährige ist nur "teilzeit-basketballverrückt". Hauptberuflich ist der Chefcoach als Vertriebsleiter eines Software-Logistik Unternehmens tätig - Vollzeit. Erst nach Dienstschluss gehört seine ganze Konzentration dem Basketball. Da dauert der Tag in der Regel von neun Uhr am Morgen bis in den späten Abend hinein. Zeitmanagement ist alles - und eine extrem verständnisvolle Lebenspartnerin.

Erfahrung als Erfolgsgeheimnis

Denn reich wird in der Basketball-Bundesliga der Frauen niemand. Sportlich setzen die Lions vor allem auf Erfahrung. Fast alle Schlüsselspielerinnen sind über 30 Jahre alt: Romy Bär 34, Birte Thimm 35 und Lisa Koop 36.

Alle drei trugen viele Jahre das Nationaltrikot, befinden sich inzwischen jedoch eher im Herbst ihrer sportlichen Karriere. "Viele von uns waren schon häufig in engen Spielsituationen, kennen das Gefühl ganz genau, die Nerven zu bewahren, wenn es besonders darauf ankommt. Das hat ganz oft den Ausschlag zu unseren Gunsten gegeben", analysiert Romy Bär eine der großen Stärken ihres Teams.

Krankheiten und Verletzungen

Praktisch die komplette Saison über standen die Rheinland Lions an der Tabellenspitze, und das, obwohl die Spielzeit wahrlich nicht frei von Problemen war. Mit der Amerikanerin Pele Gianotti und der Kroatin Andela Maric fielen früh in der Saison zwei eigentlich fest eingeplante Leistungsträgerinnen nach schweren Verletzungen für den Rest der Spielzeit aus. Anfang März erst erkrankte bis auf Lisa Koop die komplette Mannschaft an Corona.

Immer wieder musste improvisiert werden. Trotzdem erfolgreich zu bleiben, darin liegt eine der großen Stärken der Rheinland Lions. "Der Zusammenhalt, die Bereitschaft, dem Erfolg des Teams alles unterzuordnen, sind extrem ausgeprägt bei meiner Mannschaft", urteilt Mario Zurkowski.

Besondere Titel-Motivation

Einzig Power-Forward Romy Bär war mit ihrem früheren Klub aus Saarlouis schon mal deutsche Meisterin, alle übrigen im Kader warten noch auf den ersten Liga-Titel ihrer Karriere. Gerade aktuell in den Playoffs sind die Leistungsträgerinnen besonders gefordert. Und so steht Bär trotz ihrer fast 35 Jahre in jedem Spiel deutlich mehr als 30 Minuten auf dem Parkett. Beeindruckend dabei besonders ihre Assist-Quote. Obwohl vor allem direkt unter dem Korb aktiv, gibt die Ex-Nationalspielerin genauso viele erfolgreiche Anspiele wie eine erstklassige Aufbauspielerin.

Für die meisten Punkte sorgen die Amerikanerinnen Taylor Wurtz-Purifoy und Brianna Rollerson. Gelenkt wird das Spiel des Aufsteigers durch die Französin Joyce Cousseins-Smith. In der Summe ergibt das ein Kollektiv, das die Liga in der Hauptrunde beherrscht hat.

Premieren-Titel

Gegen Finalgegner Freiburg, die zweitplatzierte Mannschaft in der Hauptrunde, gab es dort in zwei Spielen zwei Siege. In der anstehenden Finalserie könnte aber auch die Regeneration ein entscheidender Faktor werden. Maximal fünf Spiele innerhalb von zehn Tagen bringt der eng getaktete Modus der Best-of-five-Serie. Spätestens am 1. Mai wird der neue deutsche Basketball-Meister der Frauen gekürt werden.

Eins ist schon jetzt klar, es wird ein Premieren-Titel. Denn weder Freiburg noch die Rheinland Lions waren je deutscher Meister. Aber ein Aufsteiger als Titelträger, das hätte dann doch ein fast schon historische Dimension.