American Football | NFL Los Angeles Rams: "All in" für den Super Bowl

Stand: 12.02.2022 13:45 Uhr

Erstmals seit 1993 ist Los Angeles wieder Schauplatz des Super Bowl. Und ausgerechnet jetzt stehen die Rams im NFL-Finale, die viel riskiert haben. "All in" lautet das Motto.

Die National Football League hätte sich für ihr Saison-Finale wohl kaum einen besseren Ort aussuchen können als Los Angeles. Da ist zum einen das traumhafte Wetter. Seit Tagen keine Wolke am Himmel, die Temperaturen liegen konstant zwischen 25 und 30 Grad Celsius. Dann diese atemberaubende Arena, das Sofi Stadium, für deren Beschreibung Superlative das Mindeste sind. Und dann sind da natürlich noch die Los Angeles Rams. Eine Mannschaft, ein Motto: "All in."

Am Roulette-Tisch wären die Rammböcke diejenigen, die all ihre Chips auf einmal in die Mitte schieben würden - in der Hoffnung auf den ganz großen Gewinn. Alles auf Sieg. Volles Risiko. Nicht irgendwann, sondern jetzt. Am Sonntag (13.02.2022). Gegen die Cincinnati Bengals. In ihrem Stadion und ihrem heimischen Super Bowl. Wenngleich sie offiziell als Gast-Mannschaft geführt werden.

Für Glanz in der Gegenwart die Zukunft verscherbelt

Um in der Gegenwart zu glänzen, haben die Rams sogar ihre nahe Zukunft verscherbelt. Es gab schon lange kein Team mehr, das auf dem Transfermarkt so aggressiv war. Die Kalifornier haben zunächst Quarterback Matthew Stafford von den Detroit Lions geholt. Der war bei der so genannten Draft, einer Art Talentbörse, im Jahr 2009 von allen Nachwuchsspielern als Erster ausgewählt worden. Doch er hatte in Detroit nie die Mitspieler, um in seinen zwölf Jahren dort auch nur annähernd eine Titelchance zu bekommen.

Im Tausch für Stafford schickten die Rams ihren Playmaker Jared Goff sowie ihre Erstrunden-Zugriffs-Rechte für 2022 und 2023 nach Detroit. Heißt: wenn die NFL die besten College-Spieler auf ihre 32 Vereine verteilt, dürfen die Rams erst auswählen, wenn die größten Talente schon vergeben sind. Erst 2024 kann L.A. wieder in der ersten Runde zugreifen.

Mit Beckham Jr und Miller super verstärkt

Zudem haben die Kalifornier ihren Kader mitten in der Saison mit Outside Linebacker Von Miller sowie Wide Receiver Odell Beckham Junior verstärkt. Miller kam von den Denver Broncos, mit denen er 2016 den Super Bowl gewonnen hatte. Im Finale war er zum "wertvollsten Spieler" (MVP) gekürt worden. Seine Spezialität: den gegnerischen Quarterback zu jagen. Beckham Jr. hatte sich mit seinem alten Arbeitgeber, den Cleveland Browns, überworfen. Mit ihm haben die Rams neben Wide Receiver Cooper Kupp nun eine weitere erstklassige Anspielstation für Stafford.  

Das Beste an beiden Akquisitionen: sie waren günstig zu haben. Beckham Jr. verdient 1,25 Millionen Dollar, Miller gar nur 722.000 Dollar. Allerdings haben beide nur Verträge für diese Saison. Und ob L.A. sie nächstes Jahr noch bezahlen kann? In der NFL gibt es eine festgelegte Gehaltsobergrenze, den Salary-Cap. Der wird in der kommenden Spielzeit 208,2 Millionen Dollar pro Team betragen.

Fans befürworten “All in”-Vorgehensweise

Das sind zwar 25,7 Mio Dollar mehr als in dieser Saison. Allerdings sind die Rams mit ihren Verträgen für 2022 bereits jetzt mit 13 Mio Dollar über der Gehaltsobergrenze. Auch deshalb sind sie am Sonntag zum Siegen verdammt. Denn der aktuelle Kader kann auf keinen Fall zusammengehalten werden.

Sergio Fragozo findet die "All in"-Einstellung seines Klubs großartig. Der Rams-Anhänger trägt stolz ein Trikot von Aaron Donald, dem Star-Defensive Tackle der Rams, durch Downtown L.A.. "Das ist doch im Leben immer so - entweder, du gibst alles, oder du träumst immer nur davon", sagt der 34-Jährige der Sportschau. Was das Spiel angehe, da sei er "sehr, sehr optimistisch." Das zeigt sich auch darin, dass für ihn nicht die wichtigste Frage ist, ob seine Rams gewinnen, sondern ob er wohl ein Finalticket bekommen wird?

Super Bowl daheim - besser geht’s nicht

Auch Alejandro Mojarro blickt dem Endspiel entspannt entgegen. "Ich bin überhaupt nicht nervös. Die Rams werden gewinnen - und zwar deutlicher, als viele denken. So 30:16 oder 30:17", betont der 47 Jahre alte Fan mit überzeugender Stimme. Warum? Nun, ein Super Bowl daheim - besser könne man es doch gar nicht haben. Und dann noch diese Mannschaft. Vor drei Jahren standen die Rams schon einmal im Endspiel, unterlagen aber den New England Patriots 3:13.

Jetzt, sagt Mojarro, seien die Rams besser aufgestellt - unter anderem wegen der Verpflichtungen von Stafford, Beckham Jr. und Miller. Das Risiko, das damit verbunden ist, nehme er gerne in Kauf. "Mir ist ein Super Bowl-Sieg wichtiger als das, was in den nächsten drei, vier Jahren passiert", so Mojarro.

Nicht jede Hollywood-Story hat ein Happy End

Mark Lopes ist etwas vorsichtiger. Er trägt ein Jersey von Matthew Stafford - "ein großartiger Quarterback." Lopes hat seit April eine Dauerkarte bei den Rams, spricht von einer "lohnenswerten Investition." Er ist froh über all die Neuzugänge. "Aber ich bin mir nicht vollkommen sicher, ob wir auch gewinnen."

Vom Finalort, dem SoFi Stadium, ist das berühmte Hollywood-Zeichen gut zu sehen. Die Rams können eine filmreife Story schreiben - sich für ihren Mut und ihr Risiko belohnen. Aber in der Filmstadt L.A. wissen sie auch, dass eben nicht jede Hollywood-Story ein Happy End hat.