Football | NFL New England Patriots: Zurück zum alten Selbstbewusstsein

Stand: 26.11.2021 11:42 Uhr

Sie haben viel Geld für neue Spieler ausgegeben, waren aber trotzdem schlecht gestartet. Doch nun sind die New England Patriots nach fünf Siegen in Serie in der NFL-Spitzengruppe angekommen. Das macht Appetit auf mehr.

Und plötzlich ist alles wieder in Ordnung. Ja plötzlich reden die ersten Fans der New England Patriots sogar vom Super Bowl. Gar nicht mal so leise. Und nicht nur die Fans.

“Wagt es zu träumen”, schrieb die Tageszeitung “Boston Globe” vor wenigen Tagen, als die Patriots mit 25:0 bei den Atlanta Falcons ihr fünftes Spiel nacheinander gewonnen hatten. Wer hätte das vor fünf Wochen für möglich gehalten?

Denn am 17. Oktober schienen die Patriots ihren Tiefpunkt erreicht zu haben. 29:35 hatten sie nach Verlängerung gegen die Dallas Cowboys verloren. Es war die vierte Heimniederlage im vierten Heimspiel. Die Saison-Bilanz lautete 2:4 und es kam die Frage auf, ob Bill Belichick wohl noch der richtige Trainer sei?

Trotz teurer Zugänge zunächst keine Besserung

Was blasphemisch anmutet, wurde tage-, ja wochenlang diskutiert. Bei Bostons Sportradio, “98,5 - The Sports Hub”, wo sämtliche Patriots-Spiele bis ins Detail seziert werden, mehrten sich die Anrufer, die Belichick loswerden wollten. Jenen Mann, der seit 2000 an der Seitenlinie steht und den Durchschnittsverein zu einer Dynastie mit sechs Super Bowl-Siegen geformt hatte.

Doch Belichick hatte nicht nur im Jahr zuvor seinen Ziehsohn, Quarterback Tom Brady verloren, sondern scheinbar auch seine Magie. Zwar hatte Robert Kraft seinen Tresor so weit geöffnet wie noch nie ein Vereinsbesitzer in der NFL-Geschichte.

Belichick hatte für 163 Millionen Dollar Spieler einkaufen dürfen. Ein Aufwärtstrend gegenüber der Vorsaison, als New England mit einer Bilanz von 7:9 erstmals seit 2009 die Playoffs verpasst hatte, war trotzdem nicht zu erkennen.

Defensive ist zur Wand geworden

Die Defensive präsentierte sich genauso anfällig wie vor einem Jahr. In der Offensive fehlte es an der Feinabstimmung zwischen Quarterback-Rookie Mac Jones und den Passempfängern. Trotzdem blieb es innerhalb der Mannschaft ruhig.

Team und Trainer machten das, was sie bei den Patriots seit mehr als 20 Jahren machen. Sie gingen ihren Weg konsequent weiter.

Diese Gleichgültigkeit, gepaart mit ehrlichen, teaminternen Analysen, hartem Training und einem unerwartet schnell unerwartet stark spielenden Mac Jones haben die Patriots in die Spitzengruppe gebracht. In den vergangenen fünf Spielen ist die Abwehr zu einer Wand geworden. Sie hat im Schnitt nur zehn Punkte pro Partie zugelassen, 13 Turnover erzwungen und den gegnerischen Quarterback 15 mal zu Boden gerissen. Alles Liga-Bestwerte.

“Wir sind eine fiese Truppe”

“Wir wollen sowas wie die Ärsche auf dem Feld sein”, sagt Outside Linebacker Matthew Judon. Er ist einer der millionenteuren Neuzugänge und macht kein Geheimnis aus der Straßenköter-Mentalität der Verteidigung. “Wir machen das, was das Regelwerk hergibt. Aber wir sind eine fiese Truppe. Wir lieben es, so zu spielen.”

Auch die Offensive hat sich enorm gesteigert, und das liegt vor allem am Laufspiel der Runningbacks Damien Harris und Rhamondre Stevenson. 151,8 Yards Raumgewinn haben sie in den vergangenen fünf Wochen durchschnittlich erlaufen - 86,7 Yards waren es zuvor.

Spielmacher Mac Jones wird immer besser

Der Fokus auf das Laufspiel hat mit Mac Jones zu tun. Belichick will seinen Quarterback-Neuling behutsam aufbauen. Deshalb hat er ihm fünf zuverlässige Bodyguards in die Offensive Line gestellt und robuste Runningbacks an die Seite. So muss Jones vorerst weniger werfen. Wenngleich er bereits angedeutet hat, dass er seine Vorderleute durchaus sehenswert und auch zuverlässig bedienen kann.

Seine Quote von 70,2 Prozent angekommener Pässe ist der zweitbeste Liga-Wert. “Wie alle jungen Spieler lernt er andauernd dazu. Aber ich denke, sein Prozess ist beständig - und so sollte es sein”, sagt Belichick.

Spitzenspiel am Sonntag

Das Duell mit den Titans am Sonntag ist ein Spitzenspiel. Die Gäste sind mit 8:3-Siegen Tabellenführer der AFC, die Patriots Fünfte (7:4). Tennessee-Trainer Mike Vrabel findet die Patriots-Auftritte der vergangenen Wochen "sehr beeindruckend".

Die Titans hingegen hatten zuletzt überraschend gegen Houston verloren. Für die Texaner war es erst der zweite Saisonsieg.

Derzeit keine Übermannschaft in der AFC

Auf Tennessee folgen für die Patriots die Buffalo Bills. Ebenfalls ein Gradmesser. Denn die bisherigen Ergebnisse verdeutlichen, dass es in der AFC derzeit keine herausragende Mannschaft gibt.

Und eben deshalb wird bei den New England Patriots wieder vom Super Bowl geträumt. Das Selbstbewusstsein ist zurückgekehrt, das den Verein so lange so geprägt hatte.